Prof. Wilhelm Wagenfeld ist der 2. Ehrenbürger von Weißwasser/O.L.
08.06.2017 DruckversionPDFAm gestrigen Nachmittag wurde die Ehrenbürgerschaft postum an Prof. Wilhelm Wagenfeld verliehen.
Im Eingangsbereich der Stadtbibliothek wurden die Besucher von einem überlebensgroßen Bild von Prof. Wilhelm Wagenfeld begrüßt
Dr. Meike Noll-Wagenfeld beim Eintrag in das Goldene Buch der Stadt Weißwasser/O.L.
Fotos: Torsten Pötzsch
LAUSITZER RUNDSCHAU 16./17.04.2016
Weißwasser hat seinen zweiten Ehrenbürger
Tochter von Wilhelm Wagenfeld nimmt Urkunde entgegen / Laudatoren würdigen Bedeutung des Industriedesigners
Wilhelm Wagenfeld ist zweiter Ehrenbürger der Stadt Weißwasser. Bei einem Festakt in der Stadtbibliothek erhielt die Tochter des Glasdesigners, Dr. Meike Noll-Wagenfeld, die Ehrenbürgerurkunde. Gleichzeitig wurde eine Sonderausstellung im Glasmuseum Weißwasser eröffnet.
Dr. Meike Noll-Wagenfeld erhält die Ehrenbürgerurkunde der Stadt von Oberbürgermeister Torsten Pötzsch. Foto: Köhler
Ohne die verschiedenen Entwürfe Wilhelm Wagenfelds bis in die 70er-Jahre des vorigen Jahrhunderts hinein wäre die Designgeschichte in der Industrie, auch der westdeutschen, nicht denkbar. Zu dieser Einschätzung kam Dr. Walter Scheiffele bei seiner Laudatio über Prof. Wilhelm Wagenfeld in der Weißwasseraner Stadtbibliothek am Freitag. Dort überreichte Oberbürgermeister Torsten Pötzsch (Klartext) im Namen der Stadt Wagenfelds Tochter, Dr. Meike Noll-Wagenfeld, die Ehrenbürgerschaftsurkunde. "Ich freue mich sehr, dass meinem Vater diese Ehre zu Teil wird, und bedanke mich in seinem Namen", erklärte Meike Noll-Wagenfeld. Sie überreichte die Urkunde Julia Bulk, die als Geschäftsführerin der Wagenfeld-Stiftung in Bremen ebenfalls mit anwesend war. "Ich hoffe, dass mit der Ehrenbürgerschaft auch ein Impuls für die Stadt und die Region ausgeht", so Julia Bulk.
Walter Scheiffele beschäftigte sich Jahrzehnte mit Wilhelm Wagenfeld, der 1935 Künstlerischer Leiter der Vereinigten Lausitzer Glaswerke (VLG) wurde. Dank Wagenfeld entwickelte sich Weißwasser daraufhin zu einem der bedeutenden europäischen Glaszentren. "Industriekultur kann nur dort entstehen, wo ein Industrieller mit einem Künstler zusammenarbeitet. Die Designgeschichte hat nicht viele solcher Beispiele", erläuterte Scheiffele mit Blick auf Weißwasser.
Der Kurator der Wagenfeld-Ausstellung Jochen Exner (r.) eröffnete im Weißwasseraner Glasmuseum die Sonderausstellung. Foto: Köhler
Im Glasmuseum hatte Kurator Jochen Exner vom Förderverein des Museums eine Sonderausstellung zu Wagenfeld zusammengestellt. "Neben Originalzeichnungen und Entwürfen haben wir von der Tischlerei Nickel auch dokumentierte Bestellungen von Wagenfeld entdeckt", erklärte Exner bei der Ausstellungseröffnung. Diese seien erst kürzlich ausgewertet worden. Ferner sind auch Gläser zu sehen, die Wagenfeld einst kreierte und die noch heute zu erwerben sind. Für die Öffentlichkeit öffnet die Ausstellung ab heute um 13 Uhr.
Auch Meike Noll-Wagenfeld hatte sich am Freitag dort interessiert umgesehen. "Mein Vater stammt aus ärmlichen Verhältnissen und hatte sich alles selbst angeeignet", erzählt die 73-jährige Juristin. Unzählige Bücher aus der deutschen Literatur habe Wagenfeld gelesen. "Und wenn mein Vater gefragt wurde, was man braucht, um Designer zu werden, hatte er immer gesagt, man muss das Handwerk lernen und viel lesen", so die Tochter. Sie ist nicht in die Fußstapfen ihres Vaters getreten, sondern arbeitete bis 2003 bei den Vereinten Nationen in Genf. "Aber mit Weißwasser bin ich auch verbunden, denn hier haben sich meine Eltern kennengelernt, ohne die ich heute nicht da wäre", sagt sie zum Schluss mit einem Lächeln.
Christian Köhler
Grußwort von Frau Dr. Julia Bulk - Geschäftsführerin der Wagenfeld-Stiftung in Bremen
Dr. Walter Scheiffele bei seiner Laudatio über Prof. Wilhelm Wagenfeld
Fotos: Torsten Pötzsch
SÄCHSISCHE ZEITUNG 18.04.2016
Gläserner Ehrenbürger
Professor Wilhelm Wagenfeld ist in Weißwasser posthum geehrt worden. Seine Tochter lobt die Stadt und das Glasmuseum.
Von Rolf Ullmann
Weißwasser. Weißwassers Stadtbibliothek ist naturgemäß ein Ort von Weisheit. Die Große Kreisstadt Weißwasser hat deshalb einen Urvater der Glaskunst genau hier besonders gewürdigt. Im Treppenhaus hängt das überlebensgroße Porträt von Professor Wilhelm Wagenfeld. Und es ist weise, einen der bekanntesten Glaskünstler im Jubiläumsjahr des Glasmuseums zu würdigen. Wagenfeld steht für unvergänglich schöne und zugleich praktische Glasformen, seinem Wirken ist es in erheblichem Maße zu verdanken, dass Weißwasser als Glasmacherstadt bekannt ist.
Dr. Meike Noll-Wagenfeld, die Tochter des Professors Wagenfeld nahm am Freitagabend die Ehrenurkunde über die Verleihung der Ehrenbürgerschaft der Stadt Weißwasser aus den Händen von Oberbürgermeister Torsten Pötzsch entgegen. © Rolf Ullmann
Auch Oberbürgermeister Torsten Pötzsch betont bei der würdevollen Feier die Bedeutung des Glas-Professors. „Es ist ein bewegender Moment für die Stadt Weißwasser, wenn wir heute die Ehrenbürgerschaft an Professor Wilhelm Wagenfeld verleihen und damit seine außergewöhnlichen Leistungen würdigen.“ Er habe als künstlerischer Leiter der Vereinigten Lausitzer Glaswerke den Ruf der Stadt entscheidend und positiv geprägt. „Es war für alle ein Glücksfall ihn in unserer Mitte gehabt zu haben“, so der Oberbürgermeister.
Professor Wilhelm Wagenfeld bezeichnete in seinen Memoiren die elf Jahre zwischen 1935 und 1946 in Weißwasser als die wohl schönste Zeit in seinem Leben. Nach dem geehrten Joseph Schweig trägt nun auch der Professor posthum den Titel des Ehrenbürgers der Stadt. Beide Personen der Zeitgeschichte leisteten einen entscheidenden Beitrag dafür, dass Glas mehr als nur ein Werkstoff für die Stadt wurde.
Die Exponate der neuen Sonderausstellung befinden sich im Erdgeschoss des Glasmuseums. © Rolf Ullmann
Dr. Julia Bulk, die Geschäftsführerin der Wilhelm-Wagenfeld-Stiftung in Bremen verdeutlichte die enge Verbindung der beiden Elemente Glas und Wasser. Sie spiegeln sich sowohl im Namen als auch im Stadtwappen der Glasmacherstadt wider. Mit dabei ist an diesem Tag die Tochter des berühmten Professors, Dr. Meike Noll-Wagenfeld. Die Ehrenbürgerurkunde finde künftig ihren Platz in der Sammlung der Stiftung in Bremen, so die Stiftungs-Chefin. Meike Noll-Wagenfeld dankte in bewegenden Worten für die hohe Ehrung für das Wirken ihres Vaters, der als ein Wegbereiter des industriellen Produktdesigns gilt.
Die neue Sonderausstellung, die alle Gäste im Anschluss an die Festveranstaltung im Glasmuseum besuchten, erinnert mit über 100 Exponaten noch bis zum 15. November 2016 an das Schaffen des Ehrenbürgers. Jochen Exner, Mitbegründer des Fördervereins Glasmuseum Weißwasser, kuratierte diese Sonderausstellung federführend. Dabei konnte er sich erneut auf die Unterstützung der Mitglieder des Fördervereins stützen, der jetzt sein 20-jähriges Jubiläum feiert. Mit der Eröffnung des Glasmuseums am 3. Juni 1996 schufen die Initiatoren ein wichtiges Identitätsmerkmal der Stadt, so die Laudatoren. Hans-Dieter Marschner, Jochen Exner und Wolfgang Hoyer sind federführend, wenn es gilt, das kulturelle Erbe der Stadt durch die Bewahrung sowie die Aufarbeitung der reichen Traditionen der Glasherstellung hochzuhalten. Über 40.000 Stunden freiwilliger, ehrenamtlicher Arbeit haben die Mitglieder des Fördervereins bis zur Eröffnung des Museums geleistet – um die Geschichte der Stadt würdig zu präsentieren. Das Besondere dabei: Neben den 200 Exponaten der Dauerausstellung lohnt ein Besuch immer wieder, weil im Haus auch die hinzukommenden Dokumente und Ausstellungsobjekte zugleich neue und spannende Zeugnisse der Geschichte darstellen und den Besuchern präsentiert werden. Dieses Engagement ist nun mit den Ehrenurkunden der Stadt ebenfalls gewürdigt worden.
Hans-Dieter Marschner, Jochen Exner und Wolfgang Hoyer werden mit der Ehrenurkunde der Stadt geehrt. © Rolf Ullmann
Eröffnung der Wagenfeld-Ausstellung im Glasmuseum Weißwasser
Rundgang im Glasmuseum mit Frau Dr. Meike Noll-Wagenfeld (mitte) und Frau Dr. Julia Bulk (links) unter Führung von Jochen Exner
im Interview Frau Dr. Meike Noll-Wagenfeld mit Christian Köhler von der Lausitzer Rundschau
Fotos: Torsten Pötzsch